100 Jahre Kirche Leipzig-Mitte – Aus dem Jubiläumstagebuch

Ereignisreiche Tage liegen hinter der Gemeinde Leipzig-Mitte. Die Jubiläumstage anlässlich des 100. Jahrestages der Kirchweihe in Leipzig-Mitte waren ein besonderes Erleben für alle Leipziger, ehemalige Leipziger und Gäste.

Mittwoch, 09.05.2012: Auftakt

Den Auftakt der Jubiläumsfesttage bilde­te der Gottesdienst am Mittwochabend mit Bezirksältesten Cramer. Der Chor trug zu Beginn das Lied „Eins bitte ich vom Herrn ..., dass ich bleiben möge im Hause des Herrn mein Leben lang.“ vor. In seinem Dienen ging der Bezirksälteste auch auf die Geschichte des Hauses und die drei Kirchweihen ein. Am 9. Juni 1912 hatte Stammapos­tel Niehaus das neu errichtete Gotteshaus in der Sigismundstr. 5 geweiht. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg waren am 5. März 1950 die wieder hergestellte Kirche und die neu errichtete Orgel durch Apostel Rockstroh geweiht worden. Schließlich hatte Bezirksapostel Nehrkorn am 26. Juni 1994 nach der grundlegenden Sanierung und Rekonstruktion das Gebäude zum dritten Mal geweiht.

Unmittelbar vor dem Gottesdienst wurde ein Film gezeigt, der „Stimmen der Vergan­genheit“ aus gottesdienstlichen Tonaufzeichnungen in die Gegenwart rückte. Die Stimmen und Bilder der dienenden Brüder, die bereits in der Ewigkeit sind, machten so manche Erinnerung und Erlebnisse aus vergangenen Zeiten wieder lebendig. Nach dem Gottesdienst gab das Wiedersehen mit Altbekannten und Freunden Anlass für schöne Gesprä­­che und das Austauschen von Erinnerungen. In den Ausstellungen zur Gemeinde und zum Kirchengebäude gab es zudem viel Interessantes zu entdecken.

Donnerstag, 10.05.2012: Rund um die Orgel

Am Donnerstag stand die Orgel im Mittel­punkt des Ge­schehens. Im Rahmen der an­gebotenen Or­gelführungen konnten die Be­sucher einen Blick in das sonst verborgene Reich der Pfeifen werfen und den Organisten beim Spielen unmittelbar über die Schulter schauen. Aber auch die Orgelausstellung weckte großes Interesse. Vor dem Konzert am Abend führten die Jugendlichen der Gemeinde das Stück „Die singende Orgel“ auf, wobei die Orgel zwei Jugendliche beim Putzen der Kirche belauschte und auf Fragen und Kommentare passende Antworten in Form von Kirchenlied-Passagen gab.

Nach dieser humoristischen Darbietung begann das Konzert „Orgel plus“, durch das der Organist und Organisator des Abends, Priester Uwe Karger, führte. Die Organisten der Gemeinde brachten verschiedene Orgelstücke, zum Teil auch im Zusammenspiel mit weiteren Instrumenten, wie Oboe, Altblockflöte und Klavier, zu Gehör und erfreuten damit die Zuhörer.

Freitag, 11.05.2012: Gemeindeabend

Am Freitag fand ein Gemeindeabend statt. Dabei gab es verschiedene Angebote für alle Al­tersgruppen. Die Kinder er­richteten in zwei Bauteams unter der Regie von zwei Bauleitern aus dem Kreis der Kinder jeweils eine Mauer aus leeren Kartons. Dabei mussten die Steine so zusammengeführt werden, dass die auf die Stirnseiten der Kartons aufgeklebten Wörter eine Losung ergaben: „100 Jahre – Unser Glaube soll fest wie eine Mauer sein. Bete auch du dafür.“

Nach dem gemeinsamen Abendessen im Festzelt hinter der Kirche gab es Geschichten zu hören: Die Senioren erzählten für die Kinder aus ihrer Kindheit – von Bewahrung im Krieg, Gottesdiensten bei Kerzenschein aufgrund von Stromausfällen, aber auch von mitgebrachten Kohlen als Opfer, damit die Kirche geheizt werden konnte. Die Kinder hatten es sich auf Kissen bequem gemacht und lauschten gespannt den Erzählungen der Älteren. Parallel dazu fand eine Jugendstunde für Jugendliche und Junggebliebene statt und auch für die Jüngsten gab es im Kinderraum Geschichten zu hören.

Mit zahlreichen Gesprächen in gemütli­cher Runde am Lagerfeuer fand der Abend seinen Ausklang.

Sonnabend, 12.05.2012: Tag der offenen Tür

Der Samstag startete um 9.00 Uhr mit dem „Jubiläumslauf“. Dieser kleine Früh­sport über eine Distanz von 5 Kilometern läutete den „Tag der offenen Tür“ ein. Es gab verschiedene Ausstellungen und Stände zu besuchen, die Kinder hatten die Möglichkeit, zu basteln und kreativ tätig zu werden, stündlich erklangen musikalische Darbietungen durch Sänger- und Instrumentalgruppen bzw. die Orgel und vieles mehr. Die Mitglieder des Gebärdenchores „Singende Hände“ des Kir­chenbezirkes Leipzig stellten die musikalische Arbeit für Hörgeschädigte vor und studierten mit den Anwesenden auch einige Gebärden ein. Am Nachmittag folgte ein Vortrag über die Geschichte der Leipziger Kirche im Wandel der Zeit und der von einigen Gemeindemitgliedern eigens für das Jubiläum gedrehte Film „Leipzig-Mitte – Ein Haus mit vielen Geschichten“ wurde gezeigt.

Höhepunkt des Tages war das von den Sängern, Kindern, Instrumentalisten und Organisten gestaltete Festkonzert am Nachmittag unter dem Motto „Haus Gottes“. Nach dem Verklingen des letzten Liedes gab es lang anhaltenden Beifall, so dass das Konzert erst nach einer Zugabe endete. Mit einem gemeinsamen Imbiss klang der Samstag aus.

Sonntag, 13.05.2012: Festgottesdienst

Die Jubiläumsfesttage fanden ihren Höhepunkt in dem Festgottesdienst am Sonntag, den Apostel Bimberg hielt. Zu diesem Gottesdienst waren auch viele ehemalige Leipziger Geschwister angereist. Aber auch Apostel Wosnitzka aus Thüringen und die Bischöfe Matthes und Wittich waren mit zugegen. Zu Beginn des Gottesdienstes sang die Gemeinde das von Bezirksevangelist i.R. Horst Heuer gedichtete Jubiläumslied „Preis dir, Gott, sie stehet nun hun­dert Jahre, unsre Kirche“ (nach der Melodie „Großer Gott, wir loben dich“).

Apostel Bimberg legte dem Gottes­dienst das Bibel­wort 1. Mose 28, 15 zu Grunde:

„Und siehe, ich bin mit dir und will dich behü­ten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlas­sen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe.“

Nach der durch die Blechbläser vorgetragenen Intrade „Großer Gott, wir loben dich” las der Vorsteher, Hirte Barleben, aus der Geschichte des Kirchengebäudes vor. Der Chor leitete im Anschluss mit dem Lied „O Bethanien, du Friedenshütte“ zur Predigt des Apostels über.

Kerngedanken aus dem Gottesdienst:

  • Der Wert einer Kirche als Haus Gottes wird nicht durch das äußere Erscheinungsbild, sondern durch ihren Inhalt bestimmt - die Offenbarung Gottes in Wort und Sakrament sowie die Gemeinde.
  • Gott ist bei den Seinen. Egal, wo sie sind, er ist schon da. In der Heiligen Schrift finden sich dafür viele Beispiele: Jakob hatte auf der Flucht vor der Rache seines Bruders Esau eine besondere Begegnung mit Gott. Als er auf einem Stein schlief, sah er im Traum eine Himmelsleiter, auf der die Engel hinauf und hernieder zogen. Gott stand nahe dabei und erneuerte die Verheißung, die er Abraham gegeben hatte. Gott war da. Er war auch mit Mose und dem Volk Israel beim Auszug aus Ägypten, auf der Wüstenwanderung, in den Gefangenschaften und vielen anderen Begebenheiten. Später sandte er sogar Jesus Christus, seinen Sohn, mitten unter die Menschen, aber viele haben ihn nicht erkannt.
  • Jakob errichtete am Ort der Begegnung mit Gott einen Gedenkstein und nannte diese Stätte Bethel (Haus Gottes). Er salbte den Stein mit Öl und hob ihn damit aus dem Alltäglichen heraus. Öl hat eine besondere Eigenschaft, es vermischt sich nicht mit anderen Flüssigkeiten. Somit sollte durch die Salbung die Stätte Bethel nur Gott geweiht sein.
  • Gott ist ein „mitziehender“ Gott, der uns begleitet und sich zu seinen Zusagen und seinem Segen bekennt.
  • Gottes Haus ist die Pforte zum Himmel. Gott hat sich nicht gewandelt und ist der gleiche wie damals: „Siehe, ich bin bei dir alle Tage, bis an der Welt Ende.“
  • Entwicklung geht immer weiter. So, wie sich das Alte Testament im Neuen Testament fortsetzt, setzt sich auch heute vieles fort. Das alte Wort „... ich will dich wieder herbringen in dies Land“ lässt sich mit dem heutigen Volk Gottes verbinden, das auf die Vollendung wartet. Unser Bitten bleibt: „Herr komme bald!“

Zum Mitdienen wurde Apostel Wosnitzka gerufen. Er erinnerte an viele besondere Begegnungen in diesem Gotteshaus.

Nach der Feier des Heiligen Abendmahls empfingen Bezirksevangelist i.R. Horst Heuer und seine Frau Ruth den Segen zur diamantenen Hochzeit. Apostel Bimberg ging in seiner Ansprache auf besondere Begegnungen und persönliche Erlebnisse mit dem diamantenen Paar ein.

Nach dem gemeinsamen Brunch im Anschluss an den Gottesdienst saßen viele Geschwis­ter noch in gemütlicher Runde zusam­men, um alte Erinnerungen und Erlebtes auszutauschen.

Ein großes Dankeschön gilt allen Orga­nisatoren, Helfern, Mitwirkenden, Sponsoren und denen, die im Verborgenen manches geleistet und so zum Gelingen dieser Festtage mit beigetragen haben, aber vor allem auch Gott, dass er in den vergangenen 100 Jahren seine schützende Hand über dieses Haus und die Gemeinde gehalten hat.

A.H., A.V.H. / Fotos: M.V., L.G.