„Papa“ und seine Kinder – Ein Wochenende mit Gott

Am letzten Februar-Wochenende machten sich Jugendliche aus dem Bezirk Leipzig ins Erzgebirge auf. Fernab von der Hektik der Gesellschaft und den Herausforderungen des Alltags wollten sie einmal zur Ruhe kommen und sich ganz auf ihren Glauben und die Gemeinschaft mit Gott besinnen.

Schon bei ihrer Ankunft in Schneeberg bewegen sich die Temperaturen in sibirischen Sphären. Zumindest fühlt es sich für die Jugendlichen aus dem Flachland so an, als sie auf dem Parkplatz vor dem großen Fachwerkhaus aus ihren Autos steigen. Einst kamen hier Bergleute zusammen, bevor sie in die Schächte einfuhren und beteten um Bewahrung bei ihrem gefährlichen Job. Daher stammt der Begriff Huthaus, der sich von behüten ableitet, wie die Herbergsmutter später bei der Begrüßung erklären wird.

Gott, so wirkt es, hat dieses Haus nie verlassen. Im Speiseraum hängt ein riesiges Holzkreuz, das auch dann kaum zu übersehen ist, wenn man nicht genau hinsieht. Auf den Tischen stehen laminierte Kärtchen, auf denen kurze Gebete aufgedruckt sind, die den Dank für die Speise zum Ausdruck bringen. Das Huthaus gehört inzwischen dem CVJM, einem internationalen christlichen Jugendverein. Ein guter Ort für das gemeinsame Wochenenden der Jugendlichen aus dem Bezirk Leipzig.

Gleich bei ihrer Ankunft bekommen alle bedruckte Armbänder. „I can do all things trough christ“ ist da zu lesen - alles ist mir möglich durch Christus, das Motto des Wochenendes. Außerdem werden alle in Teams eingeteilt. Die Mahlzeiten, die in den nächsten Tagen eingenommen werden, sollen jeweils von einem der Teams zubereitet werden. Die ersten Hinweise, dass dieses Wochenende ein wenig anders werden wird, als frühere Jugendfreizeiten.

Der rote Faden

Später an diesem Abend sitzt die Gruppe im Licht eines Videoprojektors zusammen. Zur Einstimmung auf das gemeinsame Wochenende ist auf der Leinwand ein Film zu sehen. Dieser erzählt die Geschichte eines verzweifelten Vaters, dessen Tochter Opfer eines Verbrechens geworden ist. Eines Tages findet er einen Zettel in seinem Briefkasten - eine Einladung in eine einsame Berghütte. Aber er entdeckt keine Fußspuren im Schnee vorm Briefkasten, auch die Post weiß nichts von einer Zustellung. Und unterschrieben ist der Brief mit ‚Papa‘ – eine Anrede die seine Frau immer wieder verwendet, wenn sie mit Gott spricht.

Obwohl er alles andere als sicher ist, was ihn erwartet, macht sich der Mann auf den Weg. Aber statt einer einsamen Hütte findet er ein großes Haus vor, wo er von zwei Frauen und einem jungen Mann freundlich aufgenommen wird. „Ich bin, der ich bin“, sagt eine der Frauen. Der Mann erkennt, dass seine Gastgeber Gott, Jesus und der Heilige Geist sind. Es ist eine Begegnung, die den Blick des Mannes auf Gott verändern und eine Geschichte, die sich wie ein roter Faden durch das Jugendwochenende ziehen wird. Denn viele Jugendliche sehnen sich an diesem Wochenende in Schneeberg auch nach einer Begegnung mit Gott.

Am nächsten Morgen zeigt sich der winterliche Himmel von seiner schönsten Seite. Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg in das langsam erwachende Huthaus bahnen, tauchen alles in ein angenehmes Licht. Auch die Räume, in denen die Morgenandacht stattfindet. Die Jugendlichen starten hier zusammen mit Lobpreismusik und einem Gebetskreis in den Tag.

,How i met my father‘, lautet der Titel des Gesprächskreises am Vormittag - wie kann ich Gott begegnen? In zwei Gruppen entfalten sich, moderiert durch Kathleen und Sven, angeregte Gespräche, in denen sehr schnell die Gegenfrage auftaucht: Ja, wo kann ich Gott eigentlich nicht finden? Von vielen spannenden Gedanken bleiben einige haften, wie der, dass Gott einem in jeder Lebenslage begegnen kann, aber dass es oftmals Stille braucht, um seine Stimme zu hören.

Die Jugendfreizeit 2018 bietet viele Gelegenheiten zur Begegnung miteinander. Und egal ob am Billardtisch, beim spontanen Musizieren oder im Gespräch, überall, so fühlt es sich an, sind Gott, Jesus und der Heilige Geist auch dabei.

Die Begegnung findet aber nicht nur im Huthaus statt. Nur wenige Schritte von der Herberge entfernt liegt die erste Fundgrube, die die Gruppe bei ihrem Spaziergang am Nachmittag ansteuert. Fundgruben, erklärt Lukas, der aus der Gegend stammt, heißen im Erzgebirge die Orte an denen Cobalt, Silber- oder Zinnerz gefunden und Schächte angelegt wurden. Bei der Förderung dieser Rohstoffe hat es im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Unfälle gegeben, bei denen Bergleute ihr Leben verloren haben. Die Fundstellen sind deswegen Orte ungezählter Gebete.

Gott ist gegenwärtig

Der Bergbau brachte aber auch den Wohlstand in die Region. Eindrucksvoll zeigt sich das an der mächtigen St. Wolfgangs Kirche, die die Schneeberger im 16. Jahrhundert errichteten. Die Bergwerksbesitzer hatten damals kräftig dafür gespendet. Am Samstagabend ist diese Kirche in Dunkelheit gehüllt und wirkt beinahe verlassen. Beinahe. Denn im Inneren spenden Kerzen sanftes, romantisches Licht. Musik dringt in jede Ritze der spätgotischen Hallenkirche. Im Kreis haben sich die Jugendlichen zur Abendandacht um den Taufaltar versammelt. Die Kerzen, die ein jeder in der Hand hält, spenden wohltuende Wärme. In mehreren Wortbeiträgen und beim anschließenden Gebetskreis gewähren einige Jugendliche einen ganz tiefen Blick in ihr Herz und stärken sich gegenseitig in Fürbitten. Obwohl es so kalt ist, dass man seinen Atem sehen kann, berichten einige, dass es ihnen in diesen Momenten ganz warm wurde.

Gemeinsam mit einer Gruppe von Jugendlichen spricht Sebastian am Abend über das Bibelwort aus Matthäus 12, 6: „Ich sage euch aber: Hier ist Größeres als der Tempel.“ Es ist das Wort für den Gottesdienst am nächsten Tag. Gemeinsam bereiten sich die Jugendlichen darauf vor.

In der Neuapostolischen Kirche in Schneeberg haben sich am Sonntag neben den Jugendlichen aus Leipzig auch die aus dem Bezirk Aue zum gemeinsamen Jugendgottesdienst versammelt. Der Gottesdienst, den Bezirksältester Mathias Voigt leitet, steht ganz im Zeichen der Begegnungen des Wochenendes.

Im Bibelwort geht es darum, dass sich die Pharisäer über Jesus beklagten, weil er am Sabbat geheilt und damit in den Augen der Schriftgelehrten gegen das Gesetz verstoßen hatte. Jesus erklärte daraufhin, dass Nächstenliebe wichtiger sei, als der Buchstabe des Gesetzes. Die Jugendlichen werden dazu aufgerufen ein wahrhaftiges Leben ganz im Sinne Christi zu führen und sich nicht von gesellschaftlichen Normen davon abbringen zu lassen.

Nach dem Gottesdienst und dem gemeinsamem Brunch ist für die ersten der Moment der Heimreise gekommen. Für Tobias und seine Schwester Tina ist das keine Option. Unterstützt von Fabian am Klavier, Paula mit ihrer Geige und Jonas am Cello stimmen sie spontan ein Lied an und füllen damit den Kirchensaal schneller wieder, als man Halleluja sagen kann. Die Jugendlichen singen, klatschen und feiern ihren Glauben und ihre Gemeinschaft. Und irgendwie hat man das Gefühl, dass keiner so richtig nach Hause will. Aber so muss es wohl sein, wenn man ein Wochenende mit Gott verbringt.

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