Volles Haus in Leipzig - Probenwochenende für das Pop-Oratorium

Die Kirche in Leipzig-Mitte hat schon manche musikalische Sternstunde erlebt. Am 17. und 18. März war es wieder einmal so. Etwa 300 Sängerinnen und Sänger probten für das größte Musikprojekt der Gebietskirche.

Heftiger Schneefall um Vorabend führt dazu, dass es am Samstagmorgen mit einer Stunde Verspätung losgeht. Denn die vielen Jugendlichen, die aus allen möglichen Ecken Deutschlands nach Leipzig kommen, bleiben auf den verschneiten Straßen teilweise stecken. Aber der guten Stimmung tut das keinen Abbruch. Schon bei den Einsingübungen, die Dirigent Gerrit Junge aus Norddeutschland mitgebracht hat, gewinnt man den Eindruck, es gibt auf dieser Welt nichts Unterhaltsameres als Einsingen. Und obwohl es draußen kalt ist, wird es in den Herzen schnell warm.

Nach vier Jahren feiert das Mammut-Projekt „Ich bin“ sein Comeback. Anlass für die erneute Aufführung des Pop-Oratoriums ist der erste gemeinsame Jugendtag der Gebietskirche Nord- und Ostdeutschland. Dieser soll am 16. und 17. Juni 2018 auf dem neuen Messegelände in Leipzig stattfinden. Neben den Jugendlichen aus Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, kommt auch Stammapostel Jean-Luc Schneider nach Leipzig. Am Samstagabend soll dann das Oratorium aufgeführt werden. An drei Regionalprobenwochenenden wird jetzt fleißig dafür geprobt. Die meisten Chormitglieder werden an diesem Wochenende musikalisches Neuland betreten. Aber nicht alle.

Denn ein paar Sänger aus Norddeutschland und Nordrhein-Westfalen, die eigens für die Proben nach Leipzig gereist sind, waren schon bei der Uraufführung des Pop-Oratoriums im Jahr 2013 dabei. Damals hatte man sich Gedanken gemacht, wie man das 150-Jährige Jubiläum der Neuapostolischen Kirche würdig feiern könnte. Für Gerrit Junge, der Musikpädagogik und Chorleitung studiert hat, war naheliegend: es sollte etwas mit Musik zu tun haben. Man hatte in Nord- und Westdeutschland jeweils einen großen Chor und ein Orchester, aber irgendwie kein passendes Werk für so ein großes Ensemble. Deshalb entstand der Gedanke: lasst uns doch einfach selber etwas schreiben. Herausgekommen ist das Pop-Oratorium „Ich bin. Jesus in Wort und Wundern“, eine szenisches Werk, in dem es um die sieben Ich-Bin-Worte aus dem Johannes-Evangelium geht.

Handlung als Brücke zur Kraft Jesu

Am Samstag ist auch Benjamin Stoll nach Leipzig gekommen. Er ist der Regisseur des Pop-Oratoriums, denn das Werk ist eine Kombination aus Musik und Schauspiel. Stoll erklärt dem Chor die Rahmenhandlung und die geht so: Drei Diebe brechen nachts in ein Museum ein, mit dem Auftrag ein wertvolles Gemälde zu stehlen. Dort angekommen entdecken sie Bilder, auf denen die Wunder Jesu dargestellt sind. Einer der Diebe schnappt sich außerdem einen Audio-Guide, mit dessen Hilfe die Bedeutung der Bilder erklärt wird. So kommt es, dass jener Einbrecher Jesus kennenlernt und merkt, dass dieser mehr ist, als ein Mensch, der irgendwann mal gelebt und tolle Dinge vollbracht hat. „Die Handlung ist eine Brücke“, erklärt Regisseur Stoll dem Chor. „Denn das, was ihr singt, hat eine gewaltige Kraft. Aber nicht jeder im Publikum weiß gleich etwas damit anzufangen. Diese Geschichte soll helfen, einen Zugang zu finden.“

Im Gegensatz zum Einbrecher im Schauspiel, kann der Zuschauer beim Pop-Oratorium die Bilder nicht sehen. Stattdessen kommen die Sängerinnen und Sänger, das Orchester, die Band und die Solisten ins Spiel. Zusammen werden sie die Bilder der Wunder Jesu musikalisch zum Leben erwecken. 

Der Chor hat dabei eine entscheidende Aufgabe. „Die Herausforderung bestand für uns darin“, erklärt Dirigent Gerrit Junge, „Jesu angemessen darzustellen.“ Die Schöpfer des Oratoriums entschieden sich dafür, dass alles, was Jesus sagt, vom Chor gesungen wird. „Die Botschaft lautet: Jesus Christus in uns.“

Musikalisch ist das Pop-Oratorium beinahe so individuell wie der menschliche Geschmack. Für fast Jeden ist etwas dabei. Es gibt sie, die ruhigen Lieder, bei dem ein Schauer auf dem Rücken den nächsten jagt. Aber auch beschwingte Stücke, bei denen selbst Mitteleuropäer plötzlich anfangen mit tanzen. Hinzu kommen Instrumente, die noch nicht unbedingt jeder mit Kirchenmusik verbindet, sei es nun der Beat des Schlagzeugs oder der Sound der E-Gitarre. Das Urteil der Gemeinde von morgen fällt jedenfalls eindeutig aus: das ist genau unsere Musik.

Direktlink zum Youtube-Video vom Wochenende.

Gottesdienst am Samstagabend

Nicht nur musikalisch ist das Wochenende etwas Besonderes. Denn auch ein Jugendgottesdienst am Samstagabend gibt es im Bezirk Leipzig nicht alle Tage. Die Teilnehmer des Pop-Oratoriums, deren Gasteltern, Freunde und Verwandte und die Jugendlichen aus dem Bezirk Leipzig feiern gemeinsam mit Apostel Jens Korbien Gottesdienst. Im bis fast auf den letzten Platz gefüllten großen Saal der Kirche in Leipzig-Mitte schlägt er ein Bibelwort aus Matthäus 14, 29 auf:

„Komm!, sagte Jesus. Petrus stieg aus dem Boot, ging über das Wasser und kam zu Jesus.“

Manchmal, sagt Apostel Korbien in seiner Predigt, meint man: der Herr muss sich erstmal zeigen und beweisen, dass er da ist, bevor ich mich einbringe. Aber besser ist, auch mal ein Wagnis einzugehen. Genau wie Petrus. Denn der stieg wider besseres Wissen aus seinem Boot und ging aufs Wasser. Hätte er das nicht getan, hätte er niemals die göttliche Kraft erkennen können, die sich dadurch zeigte, dass es möglich war, auf dem Wasser zu gehen, weil er auf einen Ruf von Jesus gehört hatte. Entscheidend sei auch die Einstellung des Petrus gewesen. Er hat sich nicht zu den anderen Fischern im Boot umgedreht und gesagt: Guckt mal was ich kann und wie mutig ich bin! Ihm ging es darum so schnell er konnte zum Herrn zu gelangen, nicht erst zu warten, bis Jesus am Boot war. Petrus wollte als Erster beim Herrn sein, nicht weil er sich für besser hielt als die anderen, sondern weil er eine besondere Beziehung zu Jesus hatte.

Im Gottesdienst gibt es dann auch gleich eine Premiere. Zusammen mit der Band singt der Chor ein Lied aus dem Pop-Oratorium. Einer der vielen Gänsehautmomente dieses Wochenendendes.

Nach einem zweiten, intensiven Probentag am Sonntag wirken viele erschöpft, aber glücklich. Es gibt viel Applaus für alle Helfer, insbesondere für diejenigen aus der Gemeinde Leipzig-Mitte. Denn sie haben es geschafft, dass es einer riesigen Gruppe Jugendlicher zwei Tage lang an nichts gefehlt hat.

Tapfer gekämpft hat an diesem Wochenende auch Gerrit Junge. Denn als er in Leipzig ankommt, ist er ziemlich verschnupft. Aber die Begeisterung der Jugendlichen, sagt er, hat ihn durch das Wochenende getragen. 

Für ihn geht es bereits eine Woche später weiter nach Hannover zum dritten Probenwochenende. Ein Wiedersehen mit allen gibt es dann am Himmelfahrtswochenende. Dann steht die Generalprobe in Göttingen an, das bislang größte Probenwochenende in der Gebietskirche überhaupt: 1200 Sängerinnen und Sänger, ein 80-Köpfiges Orchester, sowie die Schauspieler und Solisten kommen dann zusammen. Für sie alle wird es dann schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf die besonderen Momente sein, wenn es am Samstag, den 16. Juni heißt: Scheinwerfer an für das Pop-Oratorium.